Muay Boran

Muay Boran umfasst alle traditionellen thailändischen Kampftechniken,

sowohl bewaffnet als auch unbewaffnet, und vereint das jahrhundertealte Wissen und die Erfahrung vieler thailändischer Meister.

Diese traditionellen Techniken sind ein wertvolles Kulturerbe. Um sicherzustellen, dass sie nicht in Vergessenheit geraten, erhielt die Nationale Kulturkommission Anfang der 1990er-Jahre vom Ministerium für Bildung den Auftrag, alle alten Techniken des Muay Boran zu sammeln und zu klassifizieren.

Diese Aufgabe wurde hauptsächlich den grössten noch lebenden thailändischen Kampfkunstmeistern unter der Aufsicht des Ehrenvorsitzenden der Internationalen Muay Boran Academy, M. Payungsak Jantrasurin, übertragen.

Die Klassifizierung der Muay Boran Techniken erfolgte in fünf Kategorien:

CHERNG MUAY

Die Prinzipien, bei denen körpereigene Waffen wie Hände, Füße, Schienbeine, Knie, Ellbogen und der Kopf für Angriffe genutzt werden.

KON MUAY KEE

Die Möglichkeiten und Techniken zur Verteidigung, einschließlich Ausweichen, Blocken, Weiterleiten und Konterangriffe gegen Faustangriffe.

CHAP KO / PLAM

Stehendes Ringen und Nahkampf mit dem Einsatz von Ellbogen, Knien, dem Kopf, Haltegriffen, Würfen und dem zu Fall bringen des Gegners oder der Gegnerin.

MAE MAI

Die Grundformen des MUAY BORAN, bestehend aus 15 MAE MAI Grundtechniken (Muttertechniken – der Baumstamm).

LOOK MAI

Die 15 erweiterten Techniken des MUAY THAI (Meistertechniken – die Äste).

Das Üben dieser Formen trägt zur Entwicklung der vier wichtigsten Grundlagen bei: Zeitgefühl, Distanzkontrolle, Zielen auf die wichtigsten Angriffspunkte des menschlichen Körpers und dem effektiven Einsatz der körpereigenen Waffen mit maximaler Effizienz.

Geschichte des Muay Thai

Muay Thai

Muay Thai ist die Wettkampfform des Muay Boran

Die genaue historische Entwicklung ist schwierig zu rekonstruieren, da Ayuthaya, die damalige Hauptstadt von Siam, im Jahr 1767 von Burma eingenommen wurde und dabei viele Archive und Dokumente verbrannt wurden. Dennoch gilt der folgende historische Abriss als allgemein akzeptiert.

Ursprünglich lebten die Thais im Südwesten Chinas. Ab dem 9. Jahrhundert begannen sie, sich in verschiedenen Gruppen im heutigen Nordwestthailand niederzulassen. Diese Landnahme dauerte bis zum 13. Jahrhundert an und führte zu Konflikten mit benachbarten Stämmen, bei denen Waffen wie Schwerter, Lanzen und Messer eingesetzt wurden.

Die mit diesen Waffen verbundene Kampfkunst, heute bekannt als Krabi Krabong, wird noch immer trainiert. Wenn im Kampf die Waffen verloren gingen, wurde mit Hand-, Ellbogen- und Beintechniken weitergekämpft. So wird heutzutage die Entstehung der Muay Boran Kampfkunst erklärt, die, wie man weiss, im militärischen Training noch weiterentwickelt und verbessert wurde. Muay Thai wurde aber auch in den Provinzen trainiert, um örtliche Gemeinschaften vor Räubern und Plünderern zu schützen.

Muay Thai und Muay Boran

Im Jahr 1350 wurde das Königreich Ayuthaya gegründet, und die Bewohner mussten sich wiederholt gegen birmanische Eroberungsversuche verteidigen. Die Kampfkünste Krabi Krabong und Muay Boran spielten eine entscheidende Rolle bei der erfolgreichen Verteidigung, die bis ins Jahr 1569 dauerte. 1592 vertrieb Prinz Narasuen die Birmanen, nachdem er deren Thronfolger in einem Zweikampf besiegt hatte. Es folgte eine Zeit des Wohlstands und des Friedens, in der Thailand erste Beziehungen zum Westen aufbaute.

Die thailändischen Könige erkannten jedoch weiterhin die Bedeutung des Muay Thai an und förderten seine intensive Erforschung im Hof. Verschiedene Stilrichtungen wurden kombiniert, um die Effektivität von Muay Thai zu steigern. Heutzutage werden die Techniken dieser traditionellen Stilrichtungen unter dem Namen Muay Boran trainiert.

König Pra Chao Sua, auch bekannt als „König Tiger„, schätzte diese Kampfkunst so sehr, dass er sie selbst intensiv trainierte und seine Fähigkeiten in sportlichen Wettkämpfen gegen die besten Athleten auf Dorffesten testete.

Im Jahr 1767 wurde Ayuthaya von den Birmanen eingenommen und fast völlig zerstört. Viele Archive gingen dabei verloren, was zu einer ungenauen Überlieferung der thailändischen Geschichte und der Geschichte des Muay Thai führt. Zahlreiche Thailänder wurden versklavt.

Eine Legende besagt, dass Nai Kha Nom Tom, ein gefangener Thai, auf Anfrage des birmanischen Königs am 17. März 1770 gegen zehn birmanische Kämpfer antrat und sie alle besiegte. Als Belohnung wurde ihm ein Wunsch gewährt, den er nutzte, um nach Thailand zurückzukehren. Dieser 17. März wird bis heute als Tag des Muay Thai gefeiert. So auch in unserem Gym.

Muay Thai als Selbst­verteidigung

Phaya Tak (Thaksin), der spätere Unterbefehlshaber, entkam aus der birmanischen Gefangenschaft und organisierte die verstreuten Truppen neu.

Innerhalb kurzer Zeit eroberte er die verlorenen Gebiete zurück. Im Jahr 1781 wurde er von Phraya Chakri abgelöst, der 1782 als Rama I. den Thron bestieg und die Hauptstadt von Thonburi nach Bangkok verlegte. Die Chakri-Dynastie, die bis heute in Thailand regiert, wurde von ihm begründet.

Obwohl Muay Thai seit dem 19. und 20. Jahrhundert aufgrund moderner Waffen an Bedeutung verloren hat, bleibt es ein wesentlicher Bestandteil der thailändischen Geschichte und Kultur.

Die über Jahrhunderte entwickelte Kampfkunst Muay Thai ist nach wie vor äußerst effektiv zur Selbstverteidigung. Die im Training erworbenen Techniken können direkt in der Selbstverteidigung eingesetzt werden, weshalb viele Militärangehörige und Polizeikräfte Muay Thai trainieren.

Quellen: „Thai-Boxen Basics“ (Delp 2001) und „Muay Thai – Traditionen, Grundlagen und Techniken des Thaiboxens“ (Delp 2004).